Krankheiten vor Ausbruch erkennen, Nanopartikel, die Krebs aufspüren, Paradigmenwechsel der Medizin – molekulare Bildgebung bestimmt die Schlagzeilen der Presse und rückt in den Fokus staatlicher und privater Investitionen. Welche Chancen liegen für die Radiologen im „Molecular Imaging“? Professor Dr. med. Fabian Kießling von der RWTH Aachen gibt Auskunft.
Molekulare Bildgebung ist eines der interessantesten Forschungsfelder der modernen Medizin. Der Begriff allerdings ist irreführend, denn es geht nicht um die hochauflösende Darstellung kleiner Moleküle, sondern um die Erkenntnis molekularer Zusammenhänge in der Zelle. Die radiologischen und nuklearmedizinischen Bildgebungsmodalitäten spielen dabei eine herausragende Rolle.
Positronen-Emissions-Tomografie (PET), Hybridtechniken wie die Kombination von PET mit der CT und der MRT, und zunehmend auch die Sonografie nehmen eine Schlüsselstellung im Aufspüren molekularer Prozesse ein. Wir Radiologen haben einen großen Nachholbedarf, was molekulare und zellphysiologische Zusammenhänge angeht. Radiologen haben das Potenzial, eine wichtige Rolle in der Molekularen Bildgebung zu spielen, aber sie müssen dafür zusätzlich zu den Bildern vermehrt die physiologischen und molekularen Zusammenhänge des Menschen, also die Gesamtheit der Funktion des Organismus, berücksichtigen. Die Arbeit der molekularen Bildgebung beschäftigt sich mit den krankheitsspezifischen, physiologischen Ursachen, nicht mit den morphologisch- deskriptiven Methoden der "klassischen" Radiologie. Auf diesem Sektor ist die Bildgebung mittlerweile an Grenzen gestoßen. In der Deutschen Röntgengesellschaft haben wir daher die Arbeitsgemeinschaft Methodik und Forschung gegründet, in der es auch darum geht, die Radiologen besser auf die Anforderungen der molekularen Medizin vorzubereiten.
Was sollte ein Mediziner mitbringen, der sich für die Molekulare Bildgebung interessiert? Ein sehr breites Wissen über zelluläre und molekularbiologische Zusammenhänge ist ebenso erforderlich wie Kenntnisse von moderner Labormedizin. Idealerweise hat ein Nachwuchswissenschaftler bereits seine Doktorarbeit auf das Berufsziel molekulare Forschung hin ausgerichtet. Auch mein eigener Werdegang am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg erlaubte mir neben der radiologischen Tätigkeit einen tiefen Einblick in die Medizinphysik, die Molekularbiologie und die Chemie.
Mindestens genauso wichtig für den Nachwuchs in der molekularen Bildgebung: Es muss die Zeit zum Forschen da sein. Molekulare Bildgebung macht man nicht nebenher. Einer meiner Assistenten arbeitet an zwei bis drei Tagen der Woche in der Klinik, die übrige Zeit ist er ganztägig im Labor. Auch die Auswahl der Weiterbildungsstätte ist von hoher Bedeutung. Es muss eine große Einrichtung sein, in der molekularbiologische Forschung einen Schwerpunkt bildet. Allerdings denke ich dabei nicht zwangsläufig ans Ausland. Gemessen an den weitaus größeren Budgets amerikanischer Forschungseinrichtungen wird in Deutschland trotz begrenzter Mittel eine ganz hervorragende Arbeit geleistet.